Немецкий перевод Р. М. Рильке
Источник:
http://mythenwiki.de/index.php?title=Igorlied
- 1. Wie wäre es, Brüder, wenn wir anfingen, nach den alten Überlieferungen die schwere Geschichte vom Zuge Igors zu erzählen, vom Zuge des Igor Swjatoslawitsch.
- 2. Anfangen aber wollen wir das Lied nach den Bylinen unserer Zeit, nicht nach der Erfindung Bojans.
- 3. Wenn der Seher Bojan einem ersinnen wollte ein Lied, breitete er sich aus und war in den Bäumen, war auf der Erde als grauer Wolf und als Adler, blaugrau, unter den Wolken.
- 4. Und sooft er dessen gedachte, was man erzählt aus vergangenen Zeiten von Zwietracht, ließ er zehn Falken los auf eine Herde von Schwänen: der Schwan, den der erste Falke berührt, hob zu singen an, sang den greisen Jaroslaw, sang Mstislaw den Tapferen, der den Rededja zerhieb vor dem Kasogerheer, oder er sang Roman den Schönen Swjatoslawitsch.
- 5. Doch nein, Brüder, Bojan ließ nicht zehn Falken los auf eine Schar Schwäne, er warf seine erlauchten Finger in lebendige Saiten; die rauschten zum Ruhme der Fürsten.
- 6. Und nun, Brüder, geht unsere Geschichte von dem alten Wladimir zu dem Gegenwärtigen über, zu Igor, der seinen starken Verstand scharfschliff an seinem mannhaften Herzen;
- 7. voll kriegerischen Geistes seinen mutigen Völkern voran in das Land der Polowzer zog durch die russische Erde.
- 8. Da blickte Igor suchend zur klaren Sonne auf und sah sein ganzes Heer war durch ein Dunkel verdeckt vor der Sonne.
- 9. Und es sagte Igor zu seinem Gefolge:
- 10. «Brüder und liebe Gefolgschaft! Lieber zerhauen werden denn gefangen;
- 11. Auf unsere mutigen Pferde hinauf, daß wir den dunkelblauen Don zu sehen bekommen».
- 12. Denn die Lust fiel den Fürsten an, zu versuchen den großen Don, und die Sehnsucht war stärker in ihm als das Zeichen des Himmels.
- 13. «Ich will – ruft er, – einen Speer brechen mit euch, Russen, auf fernem polowzischem Feld. Meinen Kopf will ich hinlegen oder aus meinem Helme trinken vom Don».
- 14. O Bojan, Nachtigall uralter Zeit! sängest du diese Völker, hinhüpfend, du Nachtigall, durch walddichte Gedanken, auffliegend im Geiste unter die Wolken und herabsinkend, Nachtigall, auf beide Hälften dieser Zeit, – auf trojanischer Fährte hinrasend durch Felder und Berge hinan.
- 15. So sängest du also das Lied des Igor, des Enkels von Oleg:
- 16. «Der Sturm hat nicht Falken getragen weit über die Felder hin – Dohlen jagen in Zügen zum großen Don».
- 17. Oder du sängest, Bojan, wahrsagender Enkel des Weles:
- 18. «Pferde wiehern die Sula entlang – Kiew erklingt vom Ruf; Hörner hallen in Nowgorod – die Feldzeichen stehn in Putiwl! Igor erwartet Wsewolod, seinen lieben Bruder.
- 19. Und der lichte Stier Wsewolod spricht zu ihm also:
- 20. «Einziger Bruder mein, du mein einzig liebes Licht, Igor! Wir sind beide Swjatoslawitschi!
- 21. Laß also satteln, Bruder, deine tüchtigen Pferd,
- 22. meine aber sind dir bereit und stehen noch unter Sattel bei Kursk.
- 23. Meine Männer kennst du als Helden: unter Trompeten entbunden, unter Helmen erzogen, mit dem Speerende genährt,
- 24. Wege und Hohlwege wissen sie, ihre Bogen sind gespannt, ihre Köcher aufgedeckt, ihre Säbel geschliffen;
- 25. sie selbst aber jagen, grauen Wölfen gleich in den Feldern, Ehre sich selber suchend und dem Fürsten den Ruhm».
- 26. Da stieg der Fürst Igor in den goldenen Steigbügel und ritt über das freie Feld.
- 27. Die Sonne vertrat ihm mit Dunkel den Weg;
- 28. die Nacht aber, aufstöhnend in Unwettern, machte ihm die Vögel wach, der Tiere pfeifendes Schreien scheuchte sie in Scharen auf.
- 29. Heulend erhob der Drache sich über die Bäume hin und zwang fremde Länder in seinen Schrei: die Wolga, die Landstriche am Meer und die Sula entlang, Sudak und Korsun und dich, Götzen von Tmutorakan!
- 30. Und die Polowzer zogen auf unfahrbaren Wegen an den großen Don. Ihre Wagen kreischten in der halben Nacht wie Schwäne, die sich verflogen haben. Igor hält mit dem Heere am Don!
- 31. Und schon ist sein Untergang bereitet als Fraß den Vögeln des Waldes; aus den Schluchten drängen sich drohend die Wölfe; die Adler mit ihrem Schrei locken die Tiere auf Knochen, und die Füchse bellen die blutroten Schilde an.
- 32. Und du, russische Erde! Du bist schon hinter den Hügeln!
- 33. Lange lagert die Nacht.
- 34. Zögernd erhebt sich die Morgenröte; das Feld ist von Nebeln verhüllt.
- 35. Schon schallen die Nachtigallen nicht mehr, und gesprächig erwachen die Krähen.
- 36. Die russischen Tapferen haben die Felder weithin mit purpurnen Schilden bedeckt, da sie Ehre suchten sich selbst und Ruhm für den Fürsten.
- 37. Am Freitag, seit Morgen schon, traten sie unter sich die polowzischen heidnischen Haufen, und als sie sich dann, wie Pfeile, im Felde zerstreuten, rissen sie an sich die schönen polowzischen Mädchen und mit ihnen Gold und Brokat und köstliche Samte.
- 38. Aus Mänteln, Umwürfen, Pelzen von Schaffell und tausend bunten bemalten polowzischen Stoffen begannen sie Brücken zu türmen über Sümpfe und Unrat.
- 39. Aber die purpurne Fahne, das weiße Banner, die roten Feldzeichen und den Speer von gediegenem Silber nahm Swjatoslawitsch, der Tapfere, für sich!
- 40. Doch schläft auf dem Felde des Oleg mannhafte Nestbrut. Weit ist sie hergeflogen!
- 41. Und ist doch nicht zu Unrecht geboren gewesen, nicht für Gierfalken und Raubvögel und für dich nicht, Nachtrabe, polowzischer Heidenhund!
- 42. Gsak macht sich wie ein grauer Wolf davon und Kontschak ihm nach auf den großen Don zu.
- 43. Am anderen Tage, ganz früh, ruft ein blutiges Morgenrot das Licht aus;
- 44. schwarze Wolken steigen vom Meer; vier Sonnen gilt’s zu verhüllen; und in den Wolken hängen zitternd die bläulichen Blitze;
- 45. Ungeduldig, ein großes Gewitter zu sein mit Regen und Pfeilen vom Don her!
- 46. Dort irgendwo werden polowzische Helme mit Speeren zerbrochen und mit Säbeln zerhauen, dort, wo der Kajala-Fluß eingeht in den Don.
- 47. O russische Erde! Du bist schon hinter den Hügeln!
- 48. Aber sieh da! Die Winde, die Enkel des Stribog, kommen mit Pfeilen vom Meer auf die Völker Igors.
- 49. Die Erde steht auf, und blind gehen die Flüsse, Rauch fällt herab,
- 50. die Fahnen stammeln: Polowzer ziehen heran vom Don und vom Meer,
- 51. und schon haben sie die russischen Scharen umgeben von allen Seiten.
- 52. Mit Geschrei erfüllen die Söhne des Teufels das Feld, die Russischen aber decken es zu mit blutroten Schilden.
- 53. Wsewolod, weißer Stier! Da stehst du im Streit, Pfeile spritzend weit in die Feinde. Du klirrst in den Helmen mit deiner damaszenischen Klinge!
- 54. Wo vorbeisprang der Stier, aufleuchtend an goldener Haube, da liegen Heidenköpfe.
- 55. Es gehen Helme entzwei unter stählernem Hieb, unter deinem Hieb, Wsewolod, du weißer Stier!
- 56. Und wie kann der einer Wunde gedenken, Brüder, der alles vergessen hat: Rang und Leben und die Stadt Tschernigow und den goldenen väterlichen Thron und seiner viellieben schönen Glebowna heimatliches Herzblut?
- 57. Es waren die trojanischen Zeiten, und die Jahre Jaroslaws sind vorübergegangen; es waren die elegischen Kriege, die Kriege des Oleg Swjatoslawitsch.
- 58. Dieser Oleg schmiedete ein Aufruhrsschwert und ging als ein Sämann von Pfeilen über das russische Land.
- 59. Er stieg in seinen goldenen Bügel zu Tmutorakan,
- 60. und das Klirren davon klang, fernher, zu dem Sohn des Jaroslaw, dem großen Wsewolod;
- 61. zwar hielt in Tschernigow Wladimir (Monomach) sich die Ohren zu.
- 62. Aber Boris, des Wjatscheslaw Sohn, riß dieser Ruf vor das Todesgericht; legte ihn hin auf die traurig grüne Uferwiese, den jungen mutigen Prinzen, als einen Vorwurf für Oleg.
- 63. Und von demselben verhängnisvollen Rasen ließ Jaropolk seinen Vater aufheben und brachte ihn auf seinen schweren Pferden nach Kiew zur heiligen Sofia.
- 64. Damals unter Oleg, aus dem Geschlechte des Grames, damals ward Zwietracht gesäet und gedieh, das Leben der Enkel des Dashdbog sank hin, und in den Kämpfen der Fürsten lebten die Menschen nur eine kleine Zeit.
- 65. Selten sangen damals Pflüger sich an auf russischer Erde, um so öfter riefen die Raben zum Teilen der Leichen, und die Krähen kamen ins Gespräch an ihrem Versammlungsort, von wo sie ausflogen zum Fraß.
- 66. Das war in dieser Schlacht, und in diesem Kriege war das, und man hat niemals von einer solchen Schlacht gehört! Vom Morgen zum Abend und vom Abend zum Morgen fliegen die stählernen Pfeile, die Säbel dröhnen unter den Helmen, und die harten Speere zerkrachen
- 67. auf fremdem Feld, tief im polowzischen Land. Die schwarze Erde unter den Hufen war mit Gebeinen besäet und begossen mit Blut: was konnte da anderes wachsen als Leid für das russische Land.
- 68. Was braust dort, was brüllt dort –
- 69. so früh vor Tag? Igor wälzt seine Heere dahin, ihm tut der liebe Bruder wohl leid Wsewolod.
- 70. Einen Tag schlugen sie sich und einen zweiten Tag; am dritten Mittag sanken die Fahnen Igors.
- 71. Dort am Ufer der schnellen Kajala nahmen zwei Brüder Abschied;
- 72. dort reichte der Blut-Wein nicht mehr;
- 73. dort hoben die tapferen Russen das Mahl auf: die Werber waren unter den Tisch getrunken, und sie selber legten sich hin für das russische Land.
- 74. In Mitleid bog sich das Steppengras, und die Bäume hingen vor Trauer.
- 75. Und da, Brüder, begann eine ungute Zeit, in der Einöde lag begraben die russische Macht.
- 76. Das Unrecht stand auf in den Kräften der Enkel des Dashdbog, als eine Jungfrau betrat es trojanisches Land, mit Schwingen gleich denen des Schwans schlug es das blauende Meer und erregte den Don; störte auf das Gedächtnis reicherer Zeiten. Die Zwietracht
- 77. der Fürsten war ihr Untergang unter den Heiden, da sprach zum Bruder der Bruder: « Dieses ist mein und das auch». Und es begannen die Fürsten von Geringem zu sagen «daß es groß sei» und sie reizten gegeneinander den Aufruhr.
- 78. Und die Heiden stürzten von allen Seiten herbei mit Siegen ins russische Land.
- 79. O, weit verflog unser Falke sich, die Vögel vor sich herjagend – ans Meer!
- 80. Aber des mannhaften Igor Heere stehn nicht mehr auf!
- 81. Karina heult über sie, die große Klagefrau, und Shelja jagt durch das russische Land,
- 82. und streut Leichenasche weithin aus ihrem glühenden Horn. Und die russischen Frauen brachen in Tränen aus und in die Klage:
- 83. «Nun erreicht unsere lieben Männer kein Erinnern mehr, kein langes Nachdenken hilft uns zu ihnen hin, und unsere Augen werden sie nicht mehr sehn, und dieses Gold und Silber, das wird erst recht nicht wieder zusammenkommen».
- 84. Kiew stöhnte vor Trauer, Brüder, und Tschernigow vor Unheil.
- 85. Kümmernis goß sich aus über das russische Land; ein tiefer Gramfluß ging mitten durch russische Erde.
- 86. Aber die Fürsten reizten den Aufruhr gegeneinander.
- 87. und die polowzischen Unchristen stürzten von allen Seiten mit Siegen ins russische Land und erzwangen sich Zins, ein Eichhörnchen von jedem Hof.
- 88. Diese beiden kühnen Swjatoslawitschi, Igor und Wsewolod, weckten wieder die Lüge auf, die eben erst zu Schlafe gebracht hatte ihr Vater, Swjatoslaw, der Furchtbare, der große Kiewer Fürst.
- 89. Wie ein Gewitter war er, wenn er niederging mit seinen starken Scharen und Stahlschwertern; er brach ein über das polowzische Land und zerstampfte Hügel und Hänge; Flüsse und Seen rührte er auf und trocknete Bäche und Sümpfe. Und von der Meerbucht, mitten aus der Polowzer ehernstem Kernheer wie ein Sturmwind riß er sich den verfluchten Kobjak-Khan: und es fiel der Kobjak in der Stadt Kiew, in Swjatoslaws Thronsaal.
- 90. Und Deutsche und Venezianer, Griechen und Slawen singen Swjatoslaws Ruhm, aber sie tadeln den Fürsten Igor, weil er Reichtümer einstampfte in das polowzische Flußbett und die Kajala vollgoß mit russischem Gold.
- 91. Dort siedelte Fürst Igor aus dem goldenen Sattel in die Pritsche des Knechts.
- 92. Mutlosigkeit schlug sich in die Städte, und alle Froheit ging ein.
- 93. Swjatoslaw aber sah diese Nacht ein trübes Traumbild
- 94. auf den Bergen zu Kiew. «Gegen Abend, – erzählte er den Bojaren, – lag ich auf bloßen Brettern, und man deckte eine schwarze Decke über mich;
- 95. bläulichen Wein schöpfte man mir, darin Gift war;
- 96. aus den leeren Köchern heidnischer Polowzer schüttete jemand schwere Zahlperlen mir auf die Brust
- 97. und tat zärtlich mit mir. Aber oben auf meiner goldgedeckten Halle fehlte das Firstholz.
- 98. Die ganze Nacht seit Abend krächzten rauchgraue Raben
- 99. zwischen den Wällen von Pleskow war eine Waldschlucht, die aus Kiew aber waren schon ans Meer gegangen».
- 100. Und die Bojaren sprachen zum Fürsten:
- 101. «Fürst, der Sinn davon ist die Trauer;
- 102. da sind diese zwei Falken fortgeflogen von des Vaters goldenem Thron, um die Stadt Tmutorakan zu suchen oder aus dem Helme zu trinken vom Don. Aber schon haben unchristliche Säbel den Falken die Flügel zerschlagen, und sie selbst liegen in eisernen Lagern».
- 103. Dunkel war es am dritten Tag: zwei Sonnen verfinsterten sich, es erloschen die beiden roten Planeten, und mit ihnen vergingen zwei Monde im Dunkel – Oleg und Swjatoslaw – sie sind ertrunken im Meer, große Dreistheit einflößend dem Khane.
- 104. Dunkel hat das Licht abgelöst am Kajala-Fluß –
- 105. die Polowzer haben sich ausgebreitet über das russische Land gleich einer Pantherbrut.
- 106. Tadel hat sich erhoben über das Loblied;
- 107. über den Willen ist die Gewalt gekommen;
- 108. der Drache hat sich herab auf die Erde gestürzt.
- 109. Da fangen die schönen Mädchen der Goten am Gestade des blauen Meeres zu singen an: klirrend von russischem Gold, sie singen die Tage des Bus, hätscheln den Rächer des Scharo-Khan.
- 110. Doch wir, dein Gefolge, sind fremd allem Frohsinn!
- 111. Da entfiel dem großen Swjatoslaw goldene Rede, von Tränen erschimmernd, er redete also:
- 112. «O meine Söhne, Igor und Wsewolod! Früh seid ihr aufgebrochen, das polowzische Land mit eueren Schwertern zu schlagen und Ruhm zu suchen euch selber. Aber nicht ehrenvoll habt ihr gesiegt, nicht in Ehren habt ihr das heidnische Blut verschüttet.
- 113. Euere mannhaften Herzen freilich sind eingeschmiedet in Rüststahl und von Verwegenheit hart.
- 114. Was habt ihr mit meinem grauen Haupte gemacht?
- 115. Ich sehe nicht mehr Jaroslaws, meines starken, glänzenden, heerreichen Bruders, mächtige Völker: Die Streiter von Tschernigow, die Moguten, die Tatranen, die Schelbiren, die Toptschaken und Rewuger und Olberer. Ohne Schilde, mit Weidmessern nur und Geschrei überwanden sie Heere, dröhnend vom Ruhme der Väter.
- 116. Ihr aber sprächet bei euch: «Wir sind uns Männer genug: wir wollen allein tragen den Ruhm, der jetzt kommt, und den alten Ruhm teilen zwischen uns beiden».
- 117. O ist es ein Wunder, Brüder, wenn da ein Alter selbst jung wird?
- 118. Wenn der Falke gemausert hat, zaust er hoch oben die Vögel: läßt kein Unrecht ans Nest.
- 119. Nun aber stehn mir keine Fürsten mehr bei, und das ist das Arge:
- 120. die Zeiten sind anders geworden.
- 121. Da schrein sie in Rimow unter polowzischen Säbeln, und in Wladimir der Fürst schreit unter Wunden.
- 122. Trübsal und Trauer dem Sohn des Gleb!»
- 123. Großer Fürst Wsewolod! Fliegt dir nicht von fern der Gedanke zu, deines Vaters goldenen Thron zu beschützen?
- 124. Denn du kannst mit deinen Rudern Muster in die Wolga weben und mit deinen Helmen ausschöpfen den Don!
- 125. Wärest du hier, so wäre eines Weibes Gefangenschaft eine Scheidemünze wert und ein Gefangener ein Marderfell.
- 126. Aber du hast auch zu trockener Schlacht lebendige Bogen – des Gleb waghalsige Söhne.
- 127. Du, David, und mutiger Rurik! Seid ihr nicht gewohnt, im Blute zu treiben mit eueren goldenen Helmen?
- 128. Brüllen euere Reiter nicht auf wie Stiere, wenn stählerne Säbel sie wundschlagen, verloren im Felde?
- 129. Steigt in die goldenen Bügel, ihr Herren, für diese gekränkte Zeit, für das russische Land und für den verwegensten Sohn Swjatoslaws, für die Wunden Igors!
- 130. Osmomysl Jaroslaw, Fürst von Galitsch! Hoch herrschest du auf deinem goldgetriebenen Thronsitz, deine eisernen Völker stützen die karpatischen Berge und wehren dem König den Weg, du schließest die Tore des Dunai, deine Riesenheerhaufen ziehn in den Wolken dahin, dein ist bis an den Dunai alles Gericht.
- 131. An deines Zornes Strom liegen die Länder, und Kiews Tor ist wie deine eigene Tür, von deiner Väter goldenem Thron aus triffst du die Sultane über die Länder hin.
- 132. So triff du, Herr, den Kontschak, den heidnischen Hund, triff für das russische Land und für den verwegensten Sohn Swjatoslaws, für die Wunden Igors!
- 133. Und Roman und du, Mstislaw, ihr Wagemutigen! Kühne Denkart wahrlich trägt eueren Sinn.
- 134. Hoch fürwahr schwebt ihr im Wagnis dahin, dem Falken gleich, der den Flug aufspannt über den Winden und sich voll Grimm auf den Vogel wirft und ihn bewältigt.
- 135. Eiserne Brustpanzer sieht man unter eueren lateinischen Helmen. Von ihnen hat schon die Erde gedröhnt und sehr viele Länder: khanische Länder, Litwer, Jatwäger und Dermelen, und die Polowzer selbst warfen die Speere von sich und hielten die Köpfe unter diese stahlharten Schwerter.
- 136. Aber dem Fürsten Igor vergeht schon das liebe Licht, und nicht zum Guten fallen die Blätter ab von den Bäumen:
- 137. an der Ros und an der Sula haben sie sich schon in die Städte geteilt. Und des mannhaften Igor Heer steht nicht wieder auf!
- 138. Der Don schreit nach dir, Fürst, und ruft alle Fürsten zum Sieg auf.
- 139. Die tapferen Olgowitschi sind gerüstet zum Kampf…
- 140. Ingwar und Wsewolod und aus dem Hause Mstislaws die drei: wie ein sechsflügeliger Vogel aus schönem Geschlecht! Nicht mit Siegen habt ihr gewürfelt um die Gewalt!
- 141. Wo sind euere goldenen Helme, euere polnischen Lanzen und Schilde von Purpur?
- 142. Schließt die Ebene zu mit dem Gittertor euerer geschliffenen Speere, dem russischen Lande zulieb und für den verwegensten Sohn Swjatoslaws, für die Wunden Igors!
- 143. Schon nicht mehr als silberner Fluß kommt die Sula nach Perejaslawl, und die Dwina rinnt grausig wie ein polowzischer Morast durch der Heiden Geheul.
- 144. Und gerade erst spielte Isjaslaw Wassilkowitsch mit seinen geschliffenen Schwertern auf litauischen Helmen, er erschlug des Wseslaw, seines Ahnherrn, Ruhm, und er selber ward unter den roten Schilden von litauischen Schwertern erschlagen im blutigen Gras, da lagen sie beide, Sterbende, er und der Ruhm,
- 145. welcher sprach:
- 146. «Deine Gefolgschaft, Fürst, decken mit ihren Flügeln die Vögel zu, und die Tiere trinken ihr Blut».
- 147. Und da war sonst kein Bruder des Brjatschislaw und kein anderer aus dem Hause Wsewolod. Er allein verlor die Seele seines mannhaften Leibes, wie eine Perle fiel sie heraus durch die Ringe der goldenen Halsberge.
- 148. Die Stimmen schlugen nieder wie Rauch, die Froheit sank hin, in Gorodno nur hob man die Hörner hoch!
- 149. O Jaroslaw und alle ihr Enkel des Wseslaw! Laßt euere Fahnen fallen, gürtet ab euere geschlagenen Schwerter,
- 150. schon seid ihr zu weit fortgetrieben vom Ruhme des Ahnherrn.
- 151. Ihr zuerst habt Heiden gelockt auf russische Erde und in das Gebiet des Wseslaw mit euerer Zwietracht.
- 152. Aus den Zanken der Fürsten kam schließlich die Züchtigung auch vom polowzischen Lande. Im siebenten Jahrhunderte trojanischen Alters
- 153. loste um seine Geliebte Wseslaw.
- 154. In seine Schenkel nahm er das Pferd und raste vor Kiew und rührte mit seinem Speer an den goldenen Kiewer Thron.
- 155. Und zur halben Nacht verließ er die in Belgrad und warf sich hinaus als ein grimmiges Tier, sich im dämmernden Blau verwandelnd,
- 156. wieder am Morgen stieß er die Sporen in sein Pferd, stand vor Groß-Nowgorod und riß seine Tore auf; er zerbrach den Ruhm Jaroslaws
- 157. und jagte – wieder ein Wolf – von Dudutok her an die Nemiga. An der Nemiga breiten sie Köpfe wie Garben aus, sie dreschen mit Dreschflegeln aus Stahl, Leben legen sie auf die Tenne, und wie die Kornschwinger tun, worfeln sie aus den Leibern die Seelen.
- 158. Nicht mit Körnern waren der Nemiga blutige Ufer besäet – ihre Saat waren die Gebeine russischer Söhne.
- 159. Fürst Wseslaw war den Leuten ein Richter und ein Verweser den Fürsten, aber bei Nacht war er ein Wolf und trieb sich umher: von Kiew erreichte er noch vor den Hähnen Tmutorakan und überholte als Wolf den gewaltigen Chors.
- 160. Ihm läuteten sie am Morgen die Glocken zur Frühmesse in der heiligen Sofia von Polozk, und er hörte in Kiew den Klang.
- 161. Eine wahrsagende Seele war er in einem heldischen Leib, aber oft auch ein Dulder von Unglück.
- 162. Für ihn hat viel früher schon der Seher Bojan gesprochen den sinnvollen Spruch:
- 163. «Sei gewandt, sei schnell, schneller denn alle Vögel im Flug, du überholest doch nicht Gottes Gerichte».
- 164. O, weinen muß über dich, russische Erde, wer deiner ersten Zeiten gedenkt und der früheren Fürsten!
- 165. Jenen alten Wladimir hätte man nicht anschmieden dürfen im Innern der Kiewer Berge:
- 166. nun sind seine Fahnen verteilt und gehören David und Rurik, aber bei ihnen zerflattern sie, jede für sich.
- 167. Die Speere singen!
- 168. Da hört man die Stimme der Jaroslawna, einem einsamen Kuckuck gleich klagt sie seit Morgengraun.
- 169. «Fliegen will ich, – sagt sie, – wie ein Kuckuck den Dunai entlang,
- 170. meinen Ärmel von Biberpelz will ich hineinhalten in den Kajala-Fluß,
- 171. auswaschen will ich dem Fürsten die blutigen Wunden seines grausamen Leibes».
- 172. Jaroslawna weint seit Morgengraun in Putiwl auf den Mauern und spricht:
- 173. «O Wind, Wind! Herr, warum wehst du so sehr!
- 174. Warum mit deinen leichten Flügeln treibst du die Pfeile des Khans zu meines Geliebten Kriegsheer?
- 175. War es dir nicht genug, hoch unter den Wolken zu wehn und Schiffe zu schaukeln auf blauem Meer?
- 176. Warum, Herr, hast du mein Frohsein verweht über das Grasland hin?»
- 177. Jaroslawna weint seit Morgengraun in Putiwl, der Stadt, auf den Mauern und spricht:
- 178. «Dnepr, du Held! Du durchschlugst dir die steinernen Berge im polowzischen Land.
- 179. Du trugst liebkosend auf dir Swjatoslaws Kähne hinein in das Heer des Kobjak.
- 180. Nun trage zärtlich, Herr, auch den Gatten mir zu, daß ich ihm nicht ans Meer muß Tränen schicken im Morgengraun».
- 181. Jaroslawna weint seit Morgengraun in Putiwl auf den Mauern und spricht:
- 182. «Helle du, überhelle Sonne! Du bist allen warm und gut:
- 183. Herrin, warum legst du glühend dein Licht auf die Mannen meines Gemahls? Durst hat ihnen im wasserlosen Land die Bogen gedörrt, und Niedergeschlagenheit schließt ihnen die Köcher zu?»
- 184. Zur halben Nacht erhob sich das Meer. Wassersäulen wanderten wolkig darüber hin. Gott zeigt dem Fürsten Igor den Weg aus polowzischem Land nach der russischen Erde, zu seines Vaters goldenem Thron.
- 185. Es war nach dem Abendrot. Igor schläft, Igor wacht trotzdem, Igor mißt in Gedanken das Feld vom großen Don bis an den kleinen Donez.
- 186. Owlur pfeift über dem Fluß, als rief er ein Pferd; dem Fürsten zum Zeichen und schon ist Fürst Igor nicht mehr da!
- 187. In Freude rief er laut auf, dumpf hallte die Erde nach, und es rauschte das Gras, unruhe entstand in den polowzischen Zelten.
- 188. Aber der Fürst Igor entlief als Wiesel ins Schilfrohr und schwamm, weiß, als Reiherente über das Wasser.
- 189. Er warf sich auf sein flüchtiges Pferd, sprang nackt, als grauer Wolf, ab von ihm.
- 190. Jagte zu den Fluren des Donez und flog als Falke durch den Nebel dahin, sich Schwäne erlegend und Enten zum Frühstück, Mittagbrot und Nachtmahl.
- 191. Wahrend Igor Falke war und flog und Owlur unten als Wolf dahinraste, von sich abschüttelnd den eisigen Tau: jagten die anderen ihre raschen Pferde zuschanden.
- 192. Und es sprach Donez, der Fluß:
- 193. «O Fürst Igor! Groß ist deine Herrlichkeit, groß der Haß des Kontschak und groß die Freude der russischen Erde».
- 194. Und Igor sprach:
- 195. «O Donez! Groß ist deine Herrlichkeit, weil du zärtlich auf den Wogen den Fürsten getragen hast, weil du ihm grünendes Gras hingebreitet hast auf deinen silbernen Rändern und ihn bekleidet hast mit warmen Nebeln im Schatten deiner grünen Uferbäume;
- 196. weil du ihn in Schutz genommen hast: als Wildente auf dem Wasser, als Möwe über den Wellen und auf den Winden als Falken».
- 197. Man erzählt von dem Stugna-Fluß: daß er anders sei. Seine mageren Wellen verschlangen die fremden Bäche, und er grub sich Kanäle unter dem Buschwerk und schloß in ihnen den fürstlichen Knaben Rostislaw ein. Nah bei des Dneprs traurigen Ufern.
- 198. Und es weinte Rostislaws Mutter über den jugendlichen Prinzen Rostislaw.
- 199. Alle Blumen waren kleinmütig vor Mitleid, und die Bäume hingen aus Trauer zur Erde.
- 200. Das ist nicht Elsterngeschwätz – Gsa und Kontschak verfolgten Igor.
- 201. Da krächzten die Raben nicht, verstummt waren die Krähen und das Schwatzen der Elstern,
- 202. nur die Klettervögel kletterten. Klopfend wiesen die Spechte den Weg an den Fluß, Nachtigallen sangen selig den Morgen.
- 203. Da flüsterte Gsa dem Kontschak:
- 204. «Fliegt der alte Falke zu Nest, so schießen wir den jungen mit unseren goldenen Pfeilen».
- 205. Und es antwortete Kontschak dem Gsa:
- 206. «Fliegt der alte Falke zu Nest, so fangen wir den jungen mit einem schönen Mädchen».
- 207. Und es flüsterte Gsa dem Kontschak:
- 208. «Wenn wir ihn fangen mit einem schönen Mädchen, dann bleibt uns weder der junge Falke noch die junge Schöne, und wir können Vögeln nachjagen auf polowzischem Feld».
- 209. Es sang Bojan auch von den Tagen Swjatoslaws, der Sänger der uralten Zeiten Jaroslaws und Olegs:
- 210. «Fürstengeschlecht, schwer mag es dir sein, Haupt ohne Schulter, aber auch dir ist es schwer, Leib ohne Haupt» – So war es dem russischen Lande schwer ohne Igor.
- 211. Nun steht die Sonne hell in den Himmeln – Fürst Igor ist wieder auf russischer Erde;
- 212. am Dunai singen die Mädchen – es wehn ihre Stimmen über das Meer hin nach Kiew.
- 213. Igor reitet über Boritschow zum heiligen Bilde der pirogoschtschischen Muttergottes.
- 214. Und die Gegenden freuen sich, und die Städte sind froh.
- 215. Gesungen ist den alten Fürsten ihr Lob, nun singet die jungen:
- 216. «Heil Igor Swjatoslawitsch, Heil Wsewolod, weißer Stier, Wladimir, des Igor Sohn, Heil!»
- 217. Gegrüßt seien die Fürsten und ihre Gefolgschaften, die für die Christenheit streiten gegen ungläubige Horden.
- 218. Heil den Fürsten und ihren Gefolgschaften, Heil!
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Орехов Б. В. Параллельный корпус переводов «Слова о полку Игореве»: итоги и перспективы // Национальный корпус русского языка: 2006—2008. Новые результаты и перспективы. — СПб.: Нестор-История, 2009. — С. 462—473.